Aufzeichnung des Salonabends mit David McAllister verfügbar

Am 17. Mai hatte die Hoyaer Freimaurerloge in ihrem öffentlichen Salonabend den Europapolitiker und früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister zu Gast.

Zwar zeigte sich McAllister als nach eigenen Worten glühender Europäer, aber er schönte die Fehler und Versäumnisse in Europa nicht, an denen neben anderen auch die eigene Partei nicht unbeteiligt war. Dennoch sagte er, Europa sei die beste Idee, die wir in Europa jemals gehabt haben. Die Wahl zum Europäischen Parlament sei die zweitgrößte demokratische Veranstaltung der Welt, nur in Indien könnten mehr Menschen an einer demokratischen Wahl teilnehmen. Diese zehnte Wahl zum Europäischen Parlament sei ein besonderes Ereignis von globaler Bedeutung. Europa, so McAllister eindringlich, sei ein „Projekt des Friedens, der Freiheit; wir haben den Binnenmarkt und die Zollunion geschaffen“, das sei die Grundlage für unseren wirtschaftlichen Wohlstand, „wir haben eine gemeinsame Währung in den meisten Mitgliedsstaaten eingeführt, wir haben die Grenzkontrollen in fast allen Mitgliedsstaaten abgeschafft, wir haben vieles weiteres erreicht – von einer gemeinsamen Anerkennung der Bildungsabschlüsse bis zu einer enger abgestimmten Bündnis-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.“

Dennoch gäbe es noch viele Baustellen, etwa das Einstimmigkeitsprinzip, das häufig die Verhandlungen lähme, zu schwierigen Kompromissen zwinge und Mitglieder, die aus dem europäischen Gedanken ausscheren, eine problematische Verhandlungsmacht einräume und nannte als Beispiel Ungarn. Wenn ein Drittstaat seine Interessen in Europa vertreten wolle, müsse er nicht zwingend in Berlin, Warschau oder Paris anrufen. Es reiche, wenn er die Telefonnummer des ungarischen Außenministers habe. Die Regeln aus der Anfangszeit des Bundes funktionierten heute nicht mehr, man müsse in wesentlichen Bereichen von der Einstimmigkeit zu einer qualifizierten Mehrheit kommen.

Ein weiteres Problem sei die ausgeuferte Zentralisierung. Nicht jedes Thema sei auch ein europäisches Thema. Viele Dinge könnten besser auf nationaler, regionaler oder kommunaler Ebene gelöst werden. Hier sei man näher dran und habe gute Lösungsmechanismen. Aber es gäbe Kernthemen, die nur europäisch gelöst werden können, so beispielsweise erstens die Sicherheitspolitik, europäisch in enger Zusammenarbeit mit der NATO, zweitens der Binnenmarkt, die Konkurrenz gegen den nordamerikanischen oder asiatischen Markt und drittens Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. McAllister verwies darauf, die Europäische Union sei eine Wertegemeinschaft, die von verschiedenen reaktionären Kräften herausgefordert werde. Nur acht Prozent der Menschen weltweit lebten in demokratischen Verhältnissen. Man könne sich glücklich schätzen, denn Milliarden von Menschen hätten nicht die Chance, Anteil an den politischen Entscheidungen zu nehmen.

Eindringlich nannte McAllister die ungeregelte und illegale Migration, die zurzeit das größte Gefährdungspotetial habe. „Machen wir uns nichts vor: Der Haupttreiber für den rechtsradikalen Anstieg in Europa ist die Migrationspolitik.“ Er kämpfe einerseits voller Leidenschaft für Toleranz und qualifizierte Zuwanderung. Aber die irreguläre Migration dürfe nicht weitergehen, das zerreiße unsere Gesellschaft.

In verschiedenen thematischen Zusammenhängen ging McAllister engagiert die Gefahren durch insbesondere rechte, aber auch linke Lager an, die man immer dann, wenn es um Russland ginge, nicht auseinanderhalten könne. Und so sei es auch kein Wunder, dass es deutliche Versuche der Einflussnahme durch diese politisch außenstehenden Kräfte und der Russischen Föderation gebe, die anstehenden Wahlen vornehmlich über die sozialen Medien zu beeinflussen. Diese Einflussnahme sei so massiv, dass die Ausübung des Wahlrechts notwendig sei. Wir dürften nicht in die Situation verfallen, dass wir am Tag nach der Wahl aufwachten und feststellten, dass die Europäische Kommission nicht mehr handlungsfähig sei.

Die Fragen aus dem Livestream und aus dem voll besetzten Saal des Industriedenkmals Güterschuppen in Eystrup beantwortete McAllister detailreich und engagiert. Und tatsächlich wurde es keine Wahlkampfveranstaltung, sondern ein engagierter Vortrag mit einem nahbaren und offenen Politiker. „Ich habe eine Wette laufen: Wenn ich ein Mal den Namen meiner Partei genannt hätte, hätte ich eine Saalrunde ausgeben müssen.“

Die Veranstaltung kann man sich im Livestream ansehen.

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